Strafrecht & Sport

Der Fall des Felix Sturm – vom Boxstar zur Gefängnisstrafe

Felix Sturm wurde am Freitag, den 30.04.2020, zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Das Landgericht in Köln sprach den 41-Jährigen wegen versuchter und vollendeter Steuerhinterziehung, wegen Verstößen gegen das Anti-Doping-Gesetz und wegen Körperverletzung schuldig.

Ursprünglich war Felix Sturm vorgeworfen worden, dass er zwischen 2008 und 2015 Steuern in Höhe von 5,8 Millionen Euro am Fiskus vorbeigeschleust habe. Während des Prozesses schrumpfte der ihm vorgeworfene Betrag auf 1 Million Euro. Außerdem beschränkten sich die Vorwürfe auf die Jahre 2008 bis 2010 und das Jahr 2013. Die weitergehenden Vorwürfe andere Festsetzungszeiträume betreffend wurden vom Gericht eingestellt. 

Aus sportrechtlicher Sicht durchaus bemerkenswerter ist die Verurteilung nach den Vorschriften des Anti-Doping-Gesetzes. Denn Felix Sturm ist durch diese Verurteilung der erste Spitzensportler, der wegen eines Verstoßes gegen das Anti-Doping-Gesetz ins Gefängnis muss. Dieses Urteil könnte der Beginn einer durchaus härteren Rechtssprechung gegenüber Dopern sein. Sturm hatte zwar während des Verfahrens immer wieder betont, nicht vorsätzlich das verbotene Mittel Stanozolol zu sich genommen zu haben. Der Richter schenkte diesen Bekundungen keinen Glauben, da Felix Sturm behauptete, dass die Substanz durch starken Fleischkonsum in seinen Blutkreislauf gekommen sei. Diese Verteidigungsstrategie ist durchaus bekannt und war bislang teilweise auch schon erfolgreich, aber in diesem Fall hätte sich die Verteidigung besser informieren sollen, da Stanozolol nicht in der Tierhaltung von Rindern, Schweinen oder Hühnern eingesetzt wird. 

Sturm wurde ferner wegen einer vorsätzlichen Körperverletzung verurteilt. Das Gericht nahm nämlich an, dass durch sein Dopingvergehen keine rechtfertigende Einwilligung des Kontrahenten Fjodor Tschudinov in die wechselseitigen Körperverletzungen vorlag und Sturm somit den Tatbestand der Körperverletzung, § 223 StGB rechtswidrig und schuldhaft erfüllt hatte.

In seiner Urteilsbegründung machte der Richter auf die Schwierigkeiten, die der Boxsport mit dem Doping habe, aufmerksam. Denn nicht nur der Umgang des BDB (Bund Deutscher Berufsboxer) mit Dopern ist ungewöhnlich, sondern auch die verschiedenen Weltverbände des Boxens haben keine einheitlichen Regularien, die Dopingkontrollen betreffen. Dies ist ein Grund warum die NADA (Nationale Anti Doping Agentur) keine Dopingproben mehr vom BDB entgegennimmt. Dazu kommt, dass der BDB nie den WADA-Code zur Dopingbekämpfung unterzeichnet hat. Erstaunlich in diesem Zusammenhang ist, dass Felix Sturm trotz positiver A- und B-Probe nie vom Verband sportrechtlich gesperrt wurde. Der Verband begründete dies eher fadenscheinig mit einem Nicht-Kämpfen-Können aufgrund einer Verletzung von Felix Sturm nach dem besagten Fight. Thomas Pütz, der Präsident des Verbands, zeigte sich über die Verurteilung von Felix Sturm „schockiert“.  

Die NADA dagegen begrüßte das Urteil. Es sei wegweisend und diene als Abschreckung. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig und kann binnen einer Woche ab Verkündung mit der Revision zum Bundesgerichtshof angegriffen werden. Man wird sehen, ob das umstrittene Anti-Doping-Gesetz fünf Jahre nach seiner Einführung nach und nach in den Gerichtsalltag Einzug halten wird.

Severin Lask / Steffen Lask 

Prozess in einem der größten Skandale im Weltsport verzögert sich weiter

Nach dem Prozessauftakt am gestrigen Tage gegen den früheren Präsidenten des Leichtathletik-Weltverbands IAAF, Lamine Diack wurde der Prozess vertagt.

Als Grund für die Verschiebung bis in den Juni nannte die Vorsitzende Richterin Rose-Marie Hunault, dass neue Erkenntnisse und wichtige Beweismittel erst Stunden vor dem Verhandlungsbeginn bei der Staatsanwalt eingereicht wurden.

Vorgeworfen werden dem 86 jährigen Senegalesen Betrug, Geldwäsche, Korruption und Veruntreuung. Laut der Anklage soll Diack mit Hilfe seines Sohnes – Papa Massata – und anderen Mitangeklagten 3,45 Millionen Dollar an Schmiergeld für die Vertuschung von Dopingfällen erpresst haben. Es soll vor allem um russische Athleten gehen, die ihm Geld bezahlt haben, um bei den Olympischen Spielen in London 2012 an den Start gehen zu können. Der Präsident, der von 1999 bis 2015 den Weltverband der Leichtathletik führte, soll außerdem Geld für die Vergabe der Leichtathletik-WM nach Katar 2019 bekommen haben. Weiter werde es in dem Prozess auch um Bestechungen in Bezug auf die Vergabe der Olympischen Sommerspiele 2016 an Rio de Janeiro und 2020 an Tokio gehen. 

Der Sohn gilt als Drahtzieher hinter den Machenschaften. Gegen ihn hat Interpol einen Haftbefehl erlassen, der Senegal verweigert jedoch weiter seine Auslieferung an Frankreich.

Es bleibt spannend und abzuwarten, ob der Fall auch für Funktionäre, die noch in leitenden Positionen der Verbände tätig sind, Konsequenzen haben wird.

 

Severin Lask / Steffen Lask

Sportmediziner – angeklagt! „Operation Aderlass“

Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen den Sportmediziner Mark Schmidt und weitere Beschuldigte abgeschlossen und Anklage erhoben. Die Ermittlungen hatten öffentliche Aufmerksamkeit erlangt, weil während der Nordischen Ski-Weltmeisterschaften im österreichischen Seefeld im Februar diesen Jahres u.a. Max Hauke – ein Skilangläufer des Nationalteams Österreich – mit einer Kanüle im Arm beim Blutdoping auf frischer Tat erwischt wurde. Hauke gehörte offenbar zum Kundenkreis des Erfurter Sportmediziners, der bereits seit vielen Jahren immer wieder namentlich in Nachrichten um das Thema Doping auftaucht. Schmidt war vormals beim vom Manager Holczer geführten Radsportteam „Gerolsteiner“ unter Vertrag und hat als Zeuge  im Prozess gegen den ehemaligen Radprofi und heutigen Triathlonprofi Stefan Schumacher vor dem Landgericht Stuttgart ausgesagt. Schmidt ist kein unbeschriebenes Blatt.

Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in München – wie sie sich nennt – hat im Zuge der Ermittlungen mehrere Haftbefehle erlassen, die heute noch gegen Schmidt und einen weiteren Beschuldigten vollstreckt werden. Es wurden eine ganze Reihe von Zeugen vernommen, Durchsuchungen und Beschlagnahmen von Beweismitteln haben stattgefunden. Angeklagt werden Schmidt und die in sein Netzwerk eingebundenen Mitbeschuldigten wegen der Strafvorschriften des § 4 des Anti-Doping-Gesetzes (AntiDopG) und wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 StGB).

Na endlich, mögen die Schwerpunktstaatsanwälte aus München und alle Befürworter der Strafvorschriften des AntiDopG. Endlich kann belegt werden, wozu das Gesetz – geschaffen und im Dezember 2015 in Kraft getreten – herangezogen werden kann. Der Bekämpfungsplan geht – noch dazu medial bestens aufbereitet – auf. Wenigstens in diesem Fall. Dass Schmidt sich auch umfänglich nach alter Gesetzeslage – wie sie vor Dezember 2015 im Arzneimittelrecht und allgemeinen Strafrecht existierte – strafbar gemacht hat, das muss deutlich gemacht werden. Es ist also mitnichten eine Errungenschaft des AntiDopG; dieses Strafverfahren.

Das zuständige Gericht wird nun entscheiden müssen, ob es die Anklage zur Hauptverhandlung zulässt und das Hauptverfahren eröffnet. Es sollen nach Medienangabe durch die Staatsanwaltschaft mehr als 30 Zeugen vor Gericht aussagen.  Wir werden sehen, was da kommt.

Steffen Lask

Tendenziöse Berichterstattung über Konstanze Klosterhalfen

Bei Klosterhalfen läuft der Zweifel mit“ – so titelt die Rheinische Post am gestrigen Tage, 1. August in der Online-Ausgabe.

Ist das noch vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung erfasst?

Diese Frage stellt sich beim Lesen des Artikels eins um´s andere Mal. Erst recht, wenn man die Zitate des sog. Anti-Dopingexperten Prof. Fritz Sörgel vom Institut für biomedizinische und pharmazeutische Forschung in Nürnberg liest. Der Artikel ist bewusst so aufgebaut, Frau Konstanze Klosterhalfen vom TSV Bayer Leverkusen in ein schlechtes, anrüchiges Licht zu zerren. Ihre sportlichen Leistungen werden nicht nur kritisch betrachtet, sie werden auch nicht nur beargwöhnt, sondern die Athletin wird bewusst – aus unserer Sicht in strafbarer Weise – angegriffen.

Es wird versucht, durch eine tendenziöse Berichterstattung über ein umstrittenes Projekt in Oregon, dem Stammsitz des Sportartikelherstellers Nike und einen der dortigen Akteure, Alberto Salazar, die junge Sportlerin in Misskredit zu bringen, weil sie vor ein paar Wochen einen neuen deutschen Rekord über 3.000 m in 8:20,07 aufgestellt hat. Noch vor zwei Jahren sei sie 10 Sekunden langsamer gewesen, heißt es u.a. in dem Artikel.

Der Artikel berichtet u.a. von chinesischen Athletinnen und einer Niederländerin, Sifan Hassan, die im Übrigen auch in dem Oregon Team mit trainiere, um festzustellen, dass die Chinesinnen angeblich in der Vergangenheit gezwungen wurden, Dopingmittel zu nehmen. Ein Brief mit diesen Vorwürfen existiere darüber.

Das ist aufgeschrieben von einer Journalistin, mag man sagen, die weiß es nicht besser.

Jedoch gilt diese Entschuldigung wohl nicht für Prof. Sörgel.

Wir gestatten uns einen Blick ins Strafrecht und fragen, ob ggf. die Strafbarkeit durch Äußerungen des zitierten Prof. Sörgel erreicht ist.

§ 186 StGB – die Üble Nachrede – schützt den guten Ruf des Verletzten. Der objektive Tatbestand setzt voraus, dass der Täter in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist.

Tatsachen sind Ereignisse, Vorgänge oder Zustände, die einem Beweis grundsätzlich zugänglich sind.

Hier haben wir die zitierte Aussage des Prof. Sörgel

Wenn ich zehn Sekunden Unterschied sehe: Die Leistung muss ja irgendwie zustande gekommen sein, nur durch Training allein würde ich eher nicht annehmen.“

Das ist aus unserer Sicht eine Tatsachenbehauptung, nämlich, dass die Leistungen von Klosterhalfen bei ihrem deutschen Rekord vor paar Wochen nicht nur durch Training erreicht wurden. Der Artikel als Ganzes zielt darauf ab, dass die Leistung der Mittelstreckenläuferin nicht durch legale Methoden erreicht wurde.

Allein in dem Abschnitt, in welchem es ausschließlich um Frau Klosterhalfen geht, wird mehrmals der Bezug zum Doping hergestellt, sodass sich der Leser durch den Duktus dazu hinreißen lässt, die Vermutung aufzustellen, dass die Athletin mit illegalen leistungssteigernden Dopingsubstanzen gearbeitet habe, um ihren eigenen deutschen Rekord zu verbessern.

Und das ist geeignet – das vorstehende Zitat des Prof. Sörgel – einen anderen verächtlich zu machen und/oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Daran bestehen keine Zweifel. Man wird gar fragen müssen, ob es beiden – der Journalistin und Prof. Sörgel – gerade darauf ankam, Konstanze Klosterhalfen herabzuwürdigen. Eine Tatsache ist zur Verächtlichmachung eines anderen geeignet, wenn sie diesen als eine Person hinstellt, die ihren ethischen, moralischen oder sozialen Pflichten nicht gerecht wird.

Klosterhalfen ist als Sportlerin, wenn sie Dopingmittel konsumieren würde, um ihre Leistung zu steigern, eine Person, die sowohl ihre ethischen, moralischen und sozialen Pflichten als Sportlerin missachten würde. Eine Sportlerin, des Dopings zu bezichtigen, ohne nähere Anhaltspunkte ist geeignet, sie in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Auch daran gibt es keinen vernünftigen Zweifel. „Behaupten“ heißt es im Gesetz bei § 186 StGB. Das ist etwas als nach eigener Überzeugung richtig hinstellen, auch wenn man es von dritten Personen erfahren hat. Es genügt, dass man sich den Tatsachengehalt zu Eigen macht.

Hier behauptet Prof. Sörgel, dass er annehme, dass die Leistung nicht durch Training allein zustande gekommen sei und das wird durch die Rheinische Post verbreitet, in dem die Äußerungen des Prof. Sörgel veröffentlicht werden.

Die Verurteilung eines Täters nach § 186 StGB setzt voraus, dass die Tatsachenbehauptung nicht erweislich wahr ist. Hier liegen keine Anhaltspunkte vor – etwa durch eine positive Dopingprobe oder andere Unregelmäßigkeiten im Verhalten der Athletin, die nur annährend einen Beleg oder Beweis bieten, dass die Leistung von Klosterhalfen nicht ausschließlich durch Training, sondern etwa durch den Einsatz illegaler Mittel zustande gekommen sei.

Insgesamt käme gar die Qualifikation des § 186 StGB in Betracht. Die Tatsache, die hier geeignet ist, Klosterhalfen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, wurde öffentlich in einer Zeitung kundgetan. Das erfüllt den Qualifikationstatbestand der Üblen Nachrede.

Aus unserer Sicht spricht hier viel für ein strafrechtlich relevantes Verhalten.

Steffen Lask/ Severin Lask

Vom Dopingarzt nach Hawaii

Die strafrechtlichen Ermittlungen im Fall des Erfurter Mediziners Mark S. führen von Thüringen nach Hawaii. So jedenfalls der leitende Oberstaatsanwalt Gräber der Schwerpunktstaatsanwaltschaft München. Den bisherigen Ermittlungen zufolge hätten mehrere Sportler aus unterschiedlichen Nationen die unerlaubte Unterstützung des Arztes aus der thüringischen Sportarztpraxis in Anspruch genommen. Bluttransfusionen mit sog. Eigenblut – als unerlaubte Dopingmethode verboten – sei an ihnen praktiziert worden. Ausgelöst wurden die Ermittlungen, die auch zu vorläufigen Festnahmen geführt haben, durch eine ARD-Dokumentation um den österreichischen Skilangläufer Johannes Dürr. Bislang haben mehrere Spitzensportler ihre Beteiligung am Dopingnetzwerk des Erfurter Sportarztes Mark S. gestanden. Aus ermittlungstaktischen Gründen – wie es heißt – wurde bislang nicht bekannt, ob auch deutsche Athleten unter den verdächtigen Sportlern sind, die mit dem Doc. S. aus Erfurt zusammengearbeitet haben. In der Pressekonferenz wird durch die Staatsanwaltschaft auch Hawaii als möglicher Tatort genannt. Das ist für mich als Triathlet von besonderem Interesse.

Bleibt abzuwarten, was weiter ermittelt wird. Offenbar ist Mark S. bereit, mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten, so jedenfalls die bisherigen Verlautbarungen. Der Staatsanwalt selbst wird zitiert bei Spiegel-Online: „Wir haben eine spannende Geschichte mit vielen Wendungen, bei der die letzten Kapitel längst noch nicht geschrieben sind.“

 

Steffen Lask