Radcliff wehrt sich – Dopingvorwürfe?

Immer wieder werden Sportler direkt oder indirekt durch Spekulationen öffentlich des Dopings beschuldigt. Dies kann erhebliche Konsequenzen für den Sportler haben. Die Reputation des Sportlers kann für immer beschädigt sein, selbst wenn sich die Vorwürfe letztlich nicht bestätigen.

Dies musste nun die britische Marathonläuferin Paula Radcliffe erfahren. Eine Äußerung des Vorsitzenden des Sportausschusses Jesse Norman im britischen Parlament brachte die Sportlerin in Erklärungsnot. Zuletzt waren Berichten der ARD und der Sunday Times zufolge Sportler mit auffälligen Blutproben vom Leichtathletik-Weltverband (IAAF) nicht sanktioniert worden. „Wenn man hört, dass möglicherweise Sieger des London Marathons, darunter möglicherweise britische Athleten, angeblich verdächtige Blutwerte aufweisen – welchen Einfluss hat das auf die Natur dieser Veranstaltung?“, fragte  Norman im britischen Parlament. Aus diesen vagen Worten lässt sich jedoch leicht die 41-Jährige identifizieren. Nur auf sie treffen die Umschreibungen zu. In den letzten 19 Jahren war sie die einzige britische Siegerin des London Marathons, wenn man die Wertung der Rollstuhlfahrer ausklammert.

Wäre der Fall nach deutschem Recht zu beurteilen, würde es grundsätzlich ausreichen, dass die Person in der betreffenden Äußerung individualisierbar genannt wird, sich der Angesprochene anhand der Äußerung und ihrer Umstände identifizieren lässt. Allerdings ist der Verdacht in diesem Fall eher vorsichtig formuliert worden und wegen der entsprechenden Berichterstattung nicht völlig aus der Luft gegriffen. Eine unwahre Tatsachenbehauptung, die etwa zur Erfüllung des Straftatbestands der hier denkbaren üblen Nachrede (§ 186 StGB) vorausgesetzt ist, liegt damit wohl nicht vor. Solchen Äußerungen kommt außerdem der Schutz der Meinungsfreiheit zu, sofern es sich nicht um wahrheitswidrige Behauptungen oder Schmähkritik handelt. Nur in diesen Fällen stellen Aussagen einen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Sportlers dar. Nur dann kann sich der zu Unrecht verdächtigte Sportler mit zivilrechtlichen Ansprüchen auf Unterlassung, Beseitigung und Widerruf sowie Gegendarstellung und Schmerzensgeld (nur bei besonders schwer wiegenden Verletzungen) zur Wehr setzen. Generell muss dann eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Sportlers und dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, bei Äußerungen gegenüber der Presse insbesondere auch der Pressefreiheit, erfolgen.

Fabian Scharpf / Prof. Dr. Steffen Lask