Rücktritt aus Nationalmannschaft: Verhältnis Klub und Nationalteam

Nach den Rücktritten von Philipp Lahm, Per Mertesacker, Miroslav Klose, Xabi Alonso und Franck Ribéry rückt die Thematik des Verhältnisses zwischen Klub und Nationalteam ins Licht. Müssen die Vereine, als Hauptarbeitgeber ihre Spieler für internationale Länderspiele abstellen? Ist der einzelne Sportler gezwungen, für die Nationalmannschaft aufzulaufen? Letzteres behauptet Michel Platini, der seinem Landsmann Ribéry beim FC Bayern München eine Spielsperre androht, sollte er nicht mehr für Frankreich spielen.

Zunächst zur Ausgangsfrage. Im Handball gibt es momentan sportrechtlich gesehen Bewegung. Die Abstellungsverpflichtung an die Nationalkader, die den Klubs jegliche Entschädigungszahlungen abspricht, gerät ins Wanken. Das Landgericht Dortmund urteilte zuletzt, dass die Verpflichtung aus kartellrechtlicher Perspektive den Missbrauch einer marktbeherrschenden Position darstelle.

Beim Fußball war das unentgeltliche Abstellen ebenfalls gang und gäbe. Der Weltfußballverband (FIFA), dem ebenfalls eine Monopolstellung zukommt, lenkte erst nach gerichtlichen Auseinandersetzungen ein. Problembehaftet sind insbesondere Verletzungen, die sich Spieler bei Länderspielen zuziehen und deshalb ihren Teams nicht zur Verfügung stehen können. Zwar gibt es auch hier inzwischen Entschädigungsregelungen, die jedoch – wie aktuell im Fall Sami Khedira, bei dem sich Real Madrid und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) gegenseitig die Schuld für die Verletzung zuschieben – immer wieder für Konflikte sorgen.

Nicht nur die Verletzungen, sondern die grundsätzlich mit internationalen Einsätzen einhergehenden Strapazen „mindern“ die Belastbarkeit und die Physis der Athleten. Reisen, mangelnde Regeneration, womöglich ein anderes Spielsystem, das der Nationaltrainer verfolgt, dürften den Klubbetreibern nicht schmecken. Allerdings besteht hier die klare Linie, denn das Abstellen ist gemäß Pkt. 1 Nr. 2 des Anhangs I des FIFA-Statuts zwingend. So ist auch die Anreise des Spielers bei Einladung zwingend. Allerdings bezieht sich letzteres auf eine allgemeine Abstellungspflicht und ist adressiert an die Vereine und nicht die Spieler selbst. Somit dürfte auch die zweite Frage beantwortet werden können: Eine Pflicht des Fußballspielers, für sein Land aufzulaufen, besteht – auch wenn es meist als Ehre wahrgenommen und als zusätzliche Bühne genutzt wird – nicht. Im Übrigen dürfte Platini sein Statement aus der Sicht hinterfragen müssen, als dass er mit den Rücktrittsbekundungen von Lahm & Co. keine weiteren Probleme hatte. Lahm ist 30, Alonso 32, Ribéry 31. Gleiches muss auch gleich behandelt werden.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Umstrittene Dopingregel im Schwimmsport

Schwimmen II

Art. 12.1 der Dopingkontrollregeln des Weltschwimmverbands (FINA) in der Fassung von 2009 bis 2013* besagt, dass der Landesschwimmverband für 24 Monate zu sperren ist, dessen Athleten einer Disziplin innerhalb von 12 Monaten 4 oder mehr Dopingverstöße begehen. Ausgenommen sind zwar Dopingregelverletzungen, die vom Landesschwimmverband selbst oder dessen nationaler Anti-Doping-Agentur ermittelt und verfolgt werden und nicht „nur“ den Konsum von Maskierungsmitteln betreffen. Dennoch erscheint die Sanktionierung, die bisher nicht zur Anwendung kam, auf den ersten Blick hart und gewissermaßen ungerecht, da ein etwaiges Startverbot nicht nur die Dopingsünder umfassen würde, sondern ebenso die restlichen, unbeteiligten Schwimmathleten mit „weißer Weste“.

Insoweit stellt sich die Frage, ob die Anwendung eben dieser Regel einer rechtlichen Überprüfung überhaupt standhalten könnte. Sicherlich soll sie großflächig und landesweit angelegte Betrugsstrukturen unterbinden und durch die scharfe Androhung einer Sperre eines ganzen Schwimmverbands jedwede Anreizwirkung bereits im Entstehungsstadium zum Erliegen bringen, dennoch gilt es zu beachten, dass weder der Verband noch die unsauberen Schwimmer die Hauptlast der Sperrfrist zu tragen hätten, sondern vielmehr die unschuldigen Verbandsmitglieder. Nicht zu vergessen ist, dass professionelle Sportler ihren Lebensunterhalt mit den Teilnahmen und Siegesprämien an Wettkämpfen bestreiten – eine Sperre erscheint daher recht folgenschwer.

Relevanz wird Art. 12.1 der Dopingkontrollregeln der FINA durch aktuelle Vergehen russischer Schwimmstars zuteil. Neben Julia Efimova dürften Sergej Makov, der des Steroidkonsums überführt wurde, und Vitali Melnikov, dem EPO im Organismus nachgewiesen wurde, Sportler Nr. 2 und 3 sein, die den Tatbestand der umstrittenen Regel komplettieren würden. In beiden Fällen steht ein Urteil aus. Ob deren Überführungen allerdings der FINA, dem russischen Landesverband oder der russischen Anti-Doping-Agentur (RUSADA) zugerechnet werden, ist unklar. Das könnte sich als Sprengstoff für die im kommenden Jahr anstehenden Weltmeisterschaften im russischen Kasan darstellen. Vitali Mutko, der Sportminister Russlands, ist jedenfalls über die prekäre Lage im Bilde wie die Medien berichten: „Wir sind auf Messers Schneide. Im Schwimmen fehlen ein oder zwei Fälle, dann wird der Verband suspendiert.“

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

* Die Regularien der FINA werden derzeit überprüft und überarbeitet.

Die Causa Rehm

Leichtathletik III

Die Sportwelt ist derzeit in Erwartung einer Grundsatzentscheidung. Grund hierfür ist Markus Rehm, unterschenkelamputierter Weitspringer, der bei der diesjährigen deutschen Meisterschaft nicht nur den ersten Platz belegte, sondern obendrein die vorgegebene Norm für die Nominierung zur Europameisterschaft erfüllte. Er sprang bei geforderten 8.05 Meter satte 8.24 Meter. Nunmehr ist der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) gefordert, den 25-jährigen Goldmedaillengewinner der Paralympischen Spiele von London zu nominieren. Entscheidend ist, ob Rehms Prothese zu den natürlichen Gegebenheiten der übrigen Sportler (ohne Handicap) vergleichbar ist oder ggf. einen Vorteil verschafft, der einen Start fragwürdig erscheinen lassen würde.

Um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, hat der DLV eine biomechanische Analyse der Sprünge von Markus Rehm angefordert. Geklärt werden soll, ob Rehms Karbonprothese ein unerlaubtes Hilfsmittel darstellt. Am Mittwoch soll das Team für die Europameisterschaft in Zürich vom 12. bis 17. August bekanntgegeben werden. In jedem Fall möchte Rehm auf juristische Schritte verzichten. „Ich habe keine große Lust, die EM-Teilnahme einzuklagen“, sagte der gebürtige Göppinger.

Für Vizepräsident Leistungssport des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) Karl Quade ist die Sache klar: „Ich sehe keinen Grund, warum er es nicht tun sollte. Er hat ihn springen lassen, ihn gewertet und als Deutschen Meister ausgezeichnet.“ In der Tat wirft die Vorgehensweise des DLV Fragen auf. Warum ließ er Rehm überhaupt starten? Was hat der DLV im Vorfeld versäumt? „Die Wettkampfregel 144 besagt, dass ein Sportler nur dann vom Wettkampf ausgeschlossen werden kann, wenn er einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil erlangt, zum Beispiel durch eine Prothese“, so Thomas Kurschilgen, DLV-Sportdirektor: „Das haben die Schiedsrichter in Ulm nicht eindeutig bewerten können, deshalb durfte er unter Vorbehalt starten.“

Scheint so, als hätte der DLV eine grundsätzliche Entscheidung aufgeschoben. Nun, da Rehm eine außerordentliche Leistung ablieferte, muss der DLV in einer größeren Dimension entscheiden – nicht nur vor deutschem, sondern vor internationalem Publikum.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Real vs. DFB

Die Supermarktkette Real hat die Löschung des Adler-Logos des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) als Marke beantragt. Der DFB hatte zuvor eine einstweilige Verfügung gegen Real auf Untersagung des Verkaufs von Artikeln mit dem nunmehr im Mittelpunkt stehenden Adler-Logo beantragt. Eine diesbezügliche Entscheidung des Landgerichts München I soll am 7. August verkündet werden.

Staatswappen und andere staatliche Hoheitssymbole der Bundesrepublik Deutschland sind ein absolutes Schutzhindernis. Sollte der Adler, der die deutschen Fußballtrikots ziert, als ein solches eingestuft werden, könnte der Markenschutz aufgehoben werden. Exklusive Vermarktungsrechte würden erlöschen. Der DFB argumentiert hingegen, es handele sich nicht um staatliche Symbole, sondern um das Verbandswappen, welches seit den 1920er Jahren bestünde.

Womöglich könnte das europäische Markenrecht, wonach die Nutzung eines Hoheitszeichens mittels Ausnahmegenehmigung möglich ist, als Schutzschild dienen. „Da die Bundesrepublik gehalten ist, sich richtlinienkonform zu verhalten, müsste dies auch in Deutschland akzeptiert werden, vorausgesetzt, die Bundesrepublik hat eine Genehmigung erteilt oder holt dies noch nach“, so Prof. Dr. Peter Krebs.

Bleibt abzuwarten, wie sich der Markenrechtsstreit entwickelt. Im Falle eines Real-Obsiegens dürften wohl niedrigere Trikotpreise in Aussicht stehen.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Bremen vs. DFB

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) soll der Hansestadt Bremen das Gibraltar-Länderspiel im November entzogen haben. Grund hierfür sei das Bremer Vorhaben, die Deutsche Fußball Liga (DFL) an den Kosten für Polizeieinsätze bei Bundesligaspielen im Weserstadion zu beteiligen. Dies hatte die Bremer Landesregierung kürzlich beschlossen.

Ligapräsident Reinhard Rauball hatte im Vorfeld einen Antrag auf Länderspielentzug angekündigt: „Es kann nicht sein, dass wir Bremen etwas Gutes tun und im Umkehrschluss fürchten müssen, dass wir für bestimmte Kosten von dort aus in Anspruch genommen werden.“ Unterstützung erfuhr er von Wolfgang Niersbach. „Ich kann den Standpunkt der Liga absolut nachvollziehen und liege auch voll auf einer Linie mit Reinhard Rauball, was den Antrag betrifft, kein Länderspiel mehr nach Bremen zu vergeben“, so der DFB-Präsident. Zudem erklärte Niersbach: „Gerade der Fußball spült Jahr für Jahr Millionenbeträge in die öffentlichen Kassen und soll nun zusätzlich belastet werden für Leistungen, die ursächlich Angelegenheit der öffentlichen Hand sind. Faktisch ist dies eine Doppel- und Dreifachbesteuerung.“

In anderen Bundesländern soll die Kostenbeteiligung bei Risikospielen kein Thema sein. Hierfür fehle eine rechtliche Grundlage. Nicht nur die DFL argumentiert, die öffentliche Sicherheit sei allein Aufgabe des Staates. „Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ist auch im Rahmen von Fußballspielen und selbst bei knappen öffentlichen Kassen Aufgabe des Staates“, so Stephan Mayer, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Der hessische Innenminister Peter Beuth erklärte: „Das hessische Innenministerium lehnt den Vorstoß aus Bremen ab. Wir planen auch nicht eine solche Initiative“. Dem schloss sich des Weiteren das Innenministerium Nordrhein-Westfalens (NRW) an. „Die Vereine zur Kasse zu bitten, ist keine Lösung und entspricht auch nicht der verfassungsrechtlichen Grundlage“, betonte Rainer Bischoff, sportpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in NRW.

Klar ist, eine Rechnung ohne Gesetz kann es nicht geben. Dass Bremen ein solches Gesetz nun ausarbeitet, stößt auf viel Gegenwind. Welche juristischen Argumente die Parteien letztlich liefern werden, bleibt abzuwarten. Zumindest der Grundgedanke, die Liga und Vereine als Zweckveranlasser an den Kosten zu beteiligen, erscheint nachvollziehbar.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask