Strafrecht & Sport

Hausarrest oder zehn Jahre Haft?

Seil

Der aufsehenerregende Prozess gegen den Paralympics-Star Oscar Pistorius neigt sich dem Ende zu. Die Schlussplädoyers wurden verlesen. Der Strafverteidiger des beinamputierten Sprinters, Barry Roux, sieht Pistorius als Opfer, forderte Hausarrest. Roux hielt vor, die Gefängnisse seien nicht genügend ausgestattet, um der Behinderung des Angeklagten Rechnung zu tragen. Gerrie Nel, der Staatsanwalt, sieht die Sache anders. Er bestritt nochmals das Vorliegen wahrer Reue beim Täter und forderte eine zehnjährige Haftstrafe. Im Übrigen sei Pistorius kein Opfer: „Wir haben Opfer in dem Fall, aber Pistorius ist es nicht.“ Hinsichtlich der Ausstattung der Haftanstalten rief Nel bereits gestern den Chef des Strafvollzugs in den Zeugenstand. Dieser versicherte, dass Pretorias Haftanstalt auf Häftlinge wie Oscar Pistorius vorbereitet sei. Kritischen Fragen seitens Roux musste er allerdings ausweichen.

Es bleibt spannend. Das Strafmaß will die Richterin am Dienstag, den 21. Oktober um 9.30 Uhr bekanntgeben.

Dennis Cukurov

Schuldspruch im Fall Pistorius

Oscar Pistorius, beinamputierter Paralympicsstar, wurde – wie nach bisherigem medialen Kenntnisstand vermutet – wegen fahrlässiger Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp und Schusswaffengebrauch in der Öffentlichkeit in einem anderen Fall schuldig gesprochen. „Jeder vernünftige Mensch in seiner Lage mit derselben Behinderung hätte die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass wer auch immer sich hinter der Tür aufhielt, von den Schüssen tödlich getroffen werden könnte“, so Thokozile Masipa, Vorsitzende Richterin am High Court von Pretoria. Mord und Totschlag schloss sie bereits am Vortag aus. Nicht schuldig sei er im Nebenanklagepunkt des unerlaubten Waffenbesitzes.

Das konkrete Strafmaß wird erst in 4 bis 6 Wochen erwartet. Bis dahin haben sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft das Recht, gehört zu werden. Der „Blade Runner“, so der Spitzname des ehemaligen Weltklasseläufers, muss zunächst nicht ins Gefängnis. Erst nach Verkündung einer etwaigen Haftstrafe könnte er inhaftiert werden. Die Höchststrafe liegt bei 15 Jahren, eine Bewährungsstrafe ist nicht ausgeschlossen.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

FIFA-Finanzprüfer festgenommen

Canover Watson, hochrangiger Funktionär des Weltfußballverbands (FIFA), wurde Ende vergangener Woche in seiner Heimat, den Cayman Islands, wegen Korruptions- und Geldwäscheverdachts festgenommen, ist inzwischen jedoch gegen Kaution wieder auf freiem Fuß. Watson ist Mitglied einer achtköpfigen Audit- und Compliance-Kommission der FIFA und mit der Finanzaufsicht betraut. Scheint so, als wurde die Stelle falsch besetzt.

Grund der vorübergehenden Verhaftung soll ein Vertrag über ein Kartenabrechnungssystem in öffentlichen Krankenhäusern sein. Der Verdächtige bestreitet jegliches Fehlverhalten. Sowohl der Vorsitzende der Finanzkommission, Domenico Scala, als auch die Nord- und Zentralamerikanische und karibische Fußballkonföderation (CONCACAF) haben zur Klärung des Sachverhalts aufgefordert und erwarten eine „vollständige Überprüfung“.

Bleibt abzuwarten, ob Watson dem Verdacht trotzen und eine schlüssige Erklärung liefern kann. Dem besonders in letzter Zeit stark gebeutelten FIFA-Image tut die neuerliche Meldung in jedem Fall nicht gut.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Freistaat Thüringen unterliegt vor Gericht

Kristina Vogel, Bahnradsportlerin, hat eigenen Angaben zufolge einen Schadensersatzprozess gegen den Freistaat Thüringen gewonnen. Demnach sollen ihr 100 000 EUR Schmerzensgeld zugesprochen worden sein.

Hintergrund der rechtlichen Auseinandersetzung ist ein Verkehrsunfall, bei dem Vogel schwerste Verletzungen davontrug. Die fünffache Weltmeisterin und Olympiasiegerin absolvierte zum Unfallzeitpunkt im Jahr 2009 eine Trainingseinheit, als ihr ein Zivilfahrzeug der Landespolizei des Freistaats die Vorfahrt nahm. Der Halter des Unfallfahrzeugs, Thüringen, war nicht bereit, die von Vogel geforderte Schmerzensgeldsumme zu zahlen, so dass das Landgericht Erfurt zur Entscheidung berufen wurde. Ein Strafverfahren gegen den Fahrzeugführer wegen fahrlässiger Körperverletzung wurde gegen eine Geldauflage eingestellt.

„Das ist für mich endlich Licht am Ende des Tunnels. Der Unfall war im Mai 2009, und jetzt kann ich endlich einen Schlussstrich ziehen, einen Haken an die Geschichte machen“, so die Athletin.

Aus rechtlicher Sicht ist der Sachverhalt einfach strukturiert. Der Unfallverursacher hat für die entstanden Schäden aufzukommen. Dies beinhaltet einerseits die Erstattung von Sachschäden. Andererseits steht dem Geschädigten bei Verletzung von Körper, Gesundheit, ein Schmerzensgeldanspruch zu. Für die Höhe des Schmerzensgeldes gibt es keinen festen Katalog. Vielmehr richtet sie sich nach dem Einzelfall und hängt von individuellen Faktoren ab. Vergleichbare Gerichtsurteile können dabei eine Groborientierung geben. Angesichts der Schwere der Unfallfolgen – u.a. Brustwirbel-, Kiefer-, Handwurzelknochenfrakturen, Schnittwunden im Gesicht, zweitägiges künstliches Koma, Gefahr einer Querschnittslähmung – erscheint der in diesem Fall zugesprochene Schmerzensgeldbetrag angemessen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Freistaat Thüringen kann Berufung zum Oberlandesgericht einlegen und hat hierfür einen Monat Zeit.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Schlussplädoyers im Pistorius-Prozess

Im Verfahren gegen den wegen Mordes angeklagten Paralympicsathleten Oscar Pistorius haben die für zwei Tage angesetzten Schlussplädoyers begonnen. Nach nunmehr 39 Verhandlungstagen und 36 Zeugen haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Gelegenheit, den in der Hauptverhandlung ermittelten Sachverhalt darzustellen und rechtlich zu bewerten.

Kurze Rückblende: Der Mordprozess begann im März diesen Jahres. Er war geprägt durch zahlreiche Unterbrechungen und Verzögerungen. Zwischenzeitlich wurde Pistorius zur klinischen Untersuchung in eine Psychiatrie überstellt. Nach einer knapp 6-wöchigen Beobachtung stellten Gutachter fest, der Angeklagte sei zum Zeitpunkt der Tathandlung voll schuldfähig gewesen.

Zurück zu den Plädoyers: Staatsanwalt Gerrie Nel läutete die Schlussreden ein. Er plädierte wie erwartet auf Mord. Nel bezichtigte den beinamputierten Sprinter mehrfacher Lügen und sprach von einem „Domino-Effekt“: Die vermeintliche Lüge, Reeva Steenkamp irrtümlich erschossen zu haben, soll die anschließenden Lügen losgelöst haben. „Euer Ehren, es sind einfach so viele Lügen. Es ist fast schon lächerlich“, so Nel. Die von der Verteidigung in der Hauptverhandlung angeführten Angstzustände, denen Pistorius ausgesetzt sei, betitelte der Staatsanwalt mit „Ängstlichkeit auf Abruf“. Schließlich ging er auf das Liebesverhältnis des Südafrikaners und Steenkamp ein. In 90% der ausgetauschten Nachrichten via WhatsApp habe es zwar Liebesbekundungen gegeben, was zähle, wären hingegen die restlichen 10%, betonte Gerrie Nel und verlas eine Nachricht, die kurz vor dem tragischen Ereignis seitens des Opfers kommuniziert wurde: „Manchmal habe ich Angst vor Dir.“

Pistorius‘ Verteidiger Barry Roux wird sein Schlussplädoyer am heutigen Nachmittag, voraussichtlich aber am morgigen Freitag halten. Ein Urteil wird Ende August erwartet.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask