Sportrechtsblog

Adidas – Rechtliches und Moralisches sind zu trennen

Thema: Sportrecht, 01.04.2020

Eine Schlagzeile machte am vergangenen Wochenende die Runde: Adidas zahle keine Ladenmieten mehr!

Der Shit-Storm im Internet, bei Facebook und auf Twitter war groß, Anfeindungen gegen Konzernchef, Kasper Rorsted. Aus der Politik und der Gesellschaft wurden Boykott-Aufrufe laut. Der Hintergrund ist, dass Adidas nachdem das neue Mietstundungsgesetz der Bundesregierung zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie in Kraft getreten war, nach Medienberichten zufolge erklärt hatte, Mietzahlungen gegenüber Vermietern für Gewerbeimmobilien einzustellen.

Das war für viele äußerst fragwürdig und moralisch verwerflich – ein deutscher DAX-Konzern mit letztjährigem Rekord-Gewinn in Milliardenhöhe, der ein Gesetz „ausnutzt“, das für Restaurants, Friseure und ähnlich kleine Ladenbetriebe gedacht war, um diese vor der Kündigung durch den Vermieter zu bewahren, wenn sie ihre Mieten aufgrund der wegen der Corona-Krise verfügten Schließungen nicht zahlen können. Ein in der Tat wichtiges Gesetz für solche kleinen Ladenbesitzer. Die Politik hatte aber offenbar nicht damit gerechnet, dass auch Großkonzerne von diesem Gesetz Gebrauch machen würden, was an der Reaktion der Politiker zu sehen ist.

Der Gesetzeswortlaut hier: „Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.“ (Art. 240 § 2 Abs. 1 EGBGB)

Doch ist es „ein Versagen“ von Adidas, wenn genutzt wird, was die Politik der Wirtschaft zur Verfügung gestellt hat ? Eigentlich darf es nicht verwundern, dass ein gewinnorientiertes Unternehmen, die von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen in Anspruch nimmt.

Wie so oft: Der Gesetzgeber ist gefordert. Was will er bezwecken? Wen soll das/ein Gesetz schützen? Und wer ist davon ausgenommen? Das hätte die Politik – der Gesetzgeber – regeln müssen, wenn er Adidas und andere Großunternehmen nicht im Blick hatte, dann hätte das der Gesetzesentwurf genauer ausdrücken müssen. Es soll hier keine Verteidigung vom moralisch fragwürdigen Krisenmanagement von Adidas stattfinden, es soll nur hervorgehoben werden, dass Adidas das von der Politik erlassene Gesetz für sich zu nutzen weiß.

Dem wirtschaftlichen Vorteil der Mietzahlungs-Stundung steht jedoch der Imageverlust, der wirtschaftlich messbar ausfallen wird, gegenüber. Vermutlich: Adidas hat seine Lektion gelernt.

Severin Lask / Steffen Lask

Thomas Bach – Alleinherrscher über das IOC?

Thema: Sportrecht, 26.03.2020

Also doch: Olympia wird ins nächste Jahr verschoben. Um das vorweg zu nehmen: Es ist die einzig richtige Entscheidung! Und sie war überfällig.

Die Athleten müssen sich nun nicht mehr unter den derzeitigen Einschränkungen intensiv auf Olympia vorbereiten in einer unerträglichen Ungewissheit, sondern können die Krise solidarisch mit dem Rest der Gesellschaft überwinden, so der Verein „Athleten Deutschlands“.

In den letzten Tagen mehrten sich die Stimmen von Athleten, dass die Olympischen Spiele verschoben werden sollten. Doch es waren nicht nur die Sportler, die den IOC aufforderten, die Spiele in diesem Jahr ausfallen zu lassen, sondern mit Kanada und Australien kündigten zwei große Sport-Nationen an, dieses Jahr keine Sportler nach Japan zu entsenden, sollten die Spiele stattfinden. Auch der Präsident des Weltleichtathletik Verbands (IAAF) forderte eine Verschiebung der Spiele.

Am 24.03. rief der japanische Ministerpräsident Abe den IOC-Präsidenten Thomas Bach an und bat diesen um eine Verschiebung der Spiele ins nächste Jahr, da ein Großteil der japanischen Bevölkerung sich für einen Ausfall von Olympia 2020 ausgesprochen hatte.

Diesem Druck konnte der ansonsten – gefühlt – beratungsresistente IOC-Präsident Dr. Thomas Bach nicht mehr standhalten. Nachdem er noch in der letzten Woche die Olympischen Spiele unbedingt in diesem Jahr stattfinden lassen wollte, gerierte er sich als jener, der größtes Verständnis für die Belange der Athleten aufbringe und die nunmehr getroffene Entscheidung Japans.

Ohne Zweifel ist es für einen Präsidenten eines so großen Verbandes eine äußerst schwierig Situation, jedoch muss man hervorheben, dass der IOC und allen voran Thomas Bach eine schlechte Figur (auch im Vergleich zur Politik oder anderen großen Sport-Verbänden) abgegeben haben.

Die Fußballer hatten es vorgemacht: Die Fußball-Europameisterschaft wurden vor gut zwei Wochen abgesagt und hätte Japans Ministerpräsident nicht auf eine Absage der Olympischen Spiele gedrängt, wüssten wir in  weiteren zwei Wochen immer noch nicht, wie mit den Sommerspielen verfahren wird. 

Es ist die richtige Entscheidung.

Betrachten wir nochmals das Fußball-Spiel vor ca. 44.000 Fans in Bergamo und greifen den Begriff  „Katalysator“ auf oder wie der Bürgermeister von Bergamo es nennt die „biologische Bombe“, dann möchte wir uns nicht vorstellen, welchen Effekt die Olympischen Sommerspiele in Tokio für die Weltgesundheit gehabt hätte.

Positiv ist hervorzuheben, dass die Entscheidung getroffen wurde. Negativ ist die Kommunikation zuvor und dass ein erheblicher politischer und medialer Druck notwendig war, um den IOC umzustimmen – ob allein die Sportler das erreicht hätten, ist sehr zweifelhaft. „Besser spät als nie!“

Und (personelle) Konsequenzen beim IOC sollten gezogen werden, auch wenn Dr. Bach seine eigene Personalie für unanfechtbar hält, da sollten die maßgeblichen gewichtigen nationalen Verbände ihre Stimme deutlicher erheben, auch mal in großer Runde und mit „einem“ einheitlichen Votum. 

Severin Lask / Steffen Lask

Ultras – massiv kritisiert – nunmehr sozial engagiert

Thema: Sportrecht, 25.03.2020

In letzter Zeit wurden die verschiedenen Fangruppierungen einzelner Clubs in der breiten Öffentlichkeit massiv kritisiert. Die teils beleidigenden Schmähungen im Konflikt gegen Dietmar Hopp sind zu Recht verurteilt worden. Die darüber hinausgehende sportpolitische Kritik der Fans am DFB und der DFL ist durchaus nachvollziehbar und freiheitliche Meinungsäußerung.

In Zeiten der Corona-Krise wird deutlich, weshalb den Ultras – wie sie genannt werden und sich nennen – eine gewichtige Bedeutung  abseits des Fußballs zukommt. Es sollte bekannt sein, dass die verschiedenen Gruppen dauerhaft unterschiedliche soziale Projekte fördern. Und auch jetzt reicht das Engagement von Geldspenden für Krankenhäuser, wie es zum Beispiel die Fans von Atlanta Bergamo in Italien getan haben bis zum Aufruf von Hamsterkäufen von Club-Merchandise, so die Fans von Hansa Rostock. Ob es Banner sind, die in der Stadt verteilt hängen, auf denen den Supermarkt-Verkäufern und dem Pflegepersonal gedankt wird oder das Angebot, von Borussia Dortmund Ultras zwischen 11.00 und 17.00 Uhr für Corona-Risikogruppen einkaufen zu gehen. Es muss unterstrichen werden, dass die verschiedenen Fanszenen viel mehr für die Gesellschaft (und den Fußball) tun, als allgemein bekannt ist.

Selbstverständlich stellte sich angesichts der letzten Entwicklungen die Frage, ob sich das wirtschaftliche Engagement von Hopp als Mehrheitsgesellschafter eines Pharmaunternehmens gegen den Corona-Virus positiv auf sein Bild bei den Ultras auswirke. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, so eine Bayern Fan-Szene. Auch Hopp gab zu verstehen, dass er nicht beide Sachen in einen Topf werfen würde.

Zuletzt ist nicht ausschließlich die negative Seite, sondern sind die positiven Aspekte, der Fanszenerie darzustellen. Die Fankultur ist so viel mehr als grölende, trunkende Fußball-Fans. Die Szene der Ultras ist (auch) sozial und gesellschaftsdienlich, was sie momentan einmal mehr unter Beweis stellt. Das sollte hier hervorgehoben werden.

Severin Lask / Steffen Lask

Gesundheit hat Priorität.

Thema: Sportrecht, 20.03.2020

Nochmals: Das Thema Corona und Sport. Angesichts der Absage einer Vielzahl von Sportgroßveranstaltungen und der Aussetzung des Ligaspielbetriebs in vielen Sportarten weltweit, fragen wir uns:

Was wird aus den Olympischen Spielen (geplant vom 24. Juli bis 9. August) im Sommer in Tokio/Japan ?

Es scheint, als wolle Japan ungeachtet der Corona-Pandemie die Olympischen Sommerspiele stattfinden lassen. Das IOC – namentlich der Präsident Thomas Bach – hatte dies zuletzt bekräftigt.

Ist das tatsächlich sinnvoll? Auf diese Frage gibt es scheinbar keine einfache allgemeingültige Antwort. Aber welche Frage, die sich im Zusammenhang mit dem Virus stellt, lässt sich im Moment allgemeingültig und richtig beantworten?

Es bedarf wie in jedem Bereich einer Abwägung, sind die Olympischen Spiele in diesem Jahr so wichtig; sind sie nicht verschiebbar? Bei einer Abwägung spielen viele Faktoren eine Rolle. An erster Stelle steht die Gesundheit der Sportler und der Fans und der anderen Menschen an den Wettkampforten. Aber auch andere Gesichtspunkte müssen berücksichtigt werden, wie der logistische Aufwand, solch ein Großereignis zu verschieben, die negativen wirtschaftlichen Folgen, die eine Verschiebung der Spiele oder gar ein ersatzloser Ausfall mit sich bringt und nicht zuletzt (wenn auch von untergeordneter Bedeutung), die individuelle Trainingsplanung, die Qualifikationswettkämpfe der einzelnen Athleten.

Stand heute – scheint die einzige vernünftige Entscheidung, die Sommerspiele abzusagen oder zu verschieben. Denn bei den Olympischen Spielen kommen nicht nur Sportler aus aller Welt, sondern  Fernseh-Teams, Kommentatoren und Zuschauer und Fans zusammen. Die Völker der Welt kommen zum größten Sportereignis zusammen. Selbst wenn man die Fans aus den Stadien ausschließen würde, wäre die Ansteckungsgefahr und die Gefahr einer Neuausbreitung des Virus unkalkulierbar. 

Wir haben in der Champions League gesehen, welche Auswirkungen von einem einzelnen Fußballspiel ausgehen. Nachdem der FC Valencia bei Atlanta Bergamo im Achtelfinal-Hinspiel gespielt hatte, erkrankten rund 35 % der Spieler und ihr jeweiliges Umfeld an Covid-19. Solche Ereignisse sind gigantische Multiplikatoren bei der Verbreitung und Übertragung des Virus.

Selbst der sonst so finanzstarke Fußball stellt sich die Frage, wie es weitergehen soll. Die Fußball-Clubs in den Top 5 Ligen müssen bei einem endgültigen Abbruch ihrer Ligen auf ca. 4 Milliarden Euro verzichten. Der Liga-Betrieb und die Internationalen Wettkämpfe sind bis auf Weiteres ausgesetzt. Diese Ausfälle sind für einige Fußball-Clubs, als Wirtschaftsunternehmen nicht zu verkraften. Daher geht es im Fußball um die Abwägung zwischen gesundheitlichen Risiken und wirtschaftlichen Bedenken. Eigentlich sollte per se klar sein, welches Rechtsgut überwiegt. Im Sport scheint es, dass manchen Protagonisten die Abwägung nicht gelingt.

So wie dem Japanische Premierminister bezogen auf die Olympischen Spiele, halten es im Fußball manche Manager für unmöglich, die Saison abzubrechen. Ob dies der richtige Weg ist, wird sich zeigen.

Möglicherweise werden noch andere Lösungen gefunden, wie man mit der Situation umgehen kann. Die Fußball-Europameisterschaft wurde verschoben, damit die Fußball-Clubs in diesem Sommer mehr Zeit haben, die Ligen zu Ende zu spielen.

In so einer Zeit, die allen Bereichen der Gesellschaft große Schwierigkeiten  bringt, ist es wichtig, auf Expertenrat einzugehen und den Empfehlungen von Virologen und Infektionsforschern zu folgen. Die Abwägung zwischen wirtschaftlichen Bedenken und der Gesundheit von Sportlern, Fans und allen im und am Sport Beteiligten scheint für Einige, nicht leicht zu sein. Warum eigentlich nicht? Was ist daran so schwer? Bei all den berechtigten wirtschaftlichen Sorgen die Gesundheit und das Leben sind weitaus wichtiger, als der Profit, der aus dem Geschäft mit dem Sport stammt. Und damit ist die Antwort letztlich doch einfach und allgemeingültig.

Severin Lask / Steffen Lask

Dietmar Hopp – von der „Hassfigur“ zum starken Mann gegenüber Donald Trump

Thema: Sportrecht, 17.03.2020

In einer Zeit, in der Sport ebenso wie der Rest des öffentlichen Lebens in Europa durch das Corona-Virus größtenteils stillgelegt wurde, rücken andere Themen in den Vordergrund. 

Noch vor zwei Wochen wurde von einem Teil der Fußballfans eine Hetz-Kampagne gegen Dietmar Hopp gefahren. Er wurde lautstark beschimpft und auf etlichen Plakaten und Bannern verunglimpft und beleidigt. Er stehe für das, was im modernen Fußball falsch laufe, so Teile der Fans. Der DFB stellte sich mit einer vorher noch nie dagewesene Konsequenz gegen die Fußballkurven in Deutschland und drohte u.a. mit Spielabbruch. Das erzeugte nicht nur Zustimmung, sondern auch Kritik, da bis zu diesem Wochenende der DFB weder in den Profiligen noch in den Amateurligen jemals von dem sog. Drei-Stufen-Plan Gebrauch gemacht hatte. Die Kritik bezog sich vor allen Dingen darauf, dass es vorher schon genügend „Chancen“ gegeben hatte, ein Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung zu setzen. Es schien so, als bräuchte es erst, eines in der Tat strafwürdigen Verhaltens gegenüber einem Milliadär, um den DFB dazu zu bringen, konsequent gegen jegliche Art von Diskriminierung vorzugehen – so die Kritiker.

Doch diese Diskussion soll hier nicht geführt werden.

Es wirkt wie ein gut geschriebenes Buch, dass genau dieser Milliardär als Hauptanteilseigner an dem Unternehmen CureVac, führend in der Forschung für einen Impfstoff gegen das Corona-Virus, sich Donald Trump in den Weg stellte. Denn die US-Regierung wollte die Wissenschaftler des Unternehmens davon überzeugen, dass sie exklusiv für die USA forschen und einen Impfstoff ausschließlich für den amerikanischen Markt herstellen. Dass dies in einer globalisierten und offenen Welt und Gesellschaft moralisch äußerst verwerflich scheint, ist nicht weiter zu begründen. Dennoch stand die Frage, ob sich das Unternehmen mit genügend Geld umstimmen lassen würde.

Doch genau dieser Milliardär, der vor zwei Wochen noch auf Plakaten in einem Fadenkreuz in den Stadien hing, sprach ein Machtwort. Sein Unternehmen werde weiter an einem Impfstoff für alle forschen, auch für die Bürger der USA, aber nicht exklusiv für die USA. 

Dass mit der Entwicklung eines Impfstoffes nicht nur eine Vielzahl von Leben gerettet werden, sondern auch – ein Nebeneffekt – die Bundesliga „gerettet“ wird bzw. ihre Fortsetzung findet, erscheint wie eine Pointe eines Märchens.

So eine Wendung nimmt nur das echte Leben. Vom „Hurensohn“ zum „Verteidiger der Forschung und Entwicklung eines Impfstoffes für ALLE“.

Severin Lask