BGH: Zwangsabstiegsbeschluss im Fall des SV Wilhelmshaven nichtig

Fußball V

Der BGH, Urteil des II. Zivilsenats vom 20.9.2016, Az. II ZR 25/15, hat den Zwangsabstieg des SV Wilhelmshaven für unwirksam erklärt. Damit nimmt ein Prozessmarathon, über den wir zwischenzeitlich berichteten, sein zumindest vorläufiges Ende. Hintergrund des Zwangsabstiegs war das einstige argentinische Nachwuchstalent Sergio Sagarazu, das nach seinem kurzen Engagement beim niedersächsischen Traditionsverein schon mittlerweile neun Transfers über sich ergehen lassen musste. Sagarazu wechselte im Jahr 2007 zum heutigen Bezirksligisten. Nachdem er den SV verlassen hatte, forderten River Plate und Atlético Excursionistas, die Jugendvereine Sagarazus, die ihnen nach den FIFA-Statuten zustehende Ausbildungsentschädigung ein, und zwar knapp 160.00 Euro. Der SV Wilhelmshaven verweigerte die Zahlung. Es folgten mehrere Punktabzüge, der Zwangsabstieg und letztlich der Sturz in die unterklassige Fußballsphäre.

Den Hintergrund des sodann folgenden Rechtsstreits hat der Jurist und Vizepräsident des DFB Rainer Koch in einem Interview mit der FAZ noch vor der BGH-Entscheidung auf den Punkt gebracht: „Die Frage, die hinter dem Rechtsstreit steht, ist: Wie kann ich gemeinschaftlich geltende, internationale Normen, die für alle Beteiligten gleichermaßen gelten müssen, bis zum einzelnen Vereinsmitglied durchsetzen. Das Problem ist: Wilhelmshaven ist wie die anderen Vereine auch kein unmittelbares Mitglied im DFB oder der Fifa, sondern nur Mitglied eines der Landesverbände. Diese bilden neben dem Ligaverband und den Regionalverbänden die 27 Mitglieder des DFB, der Mitglied der Fifa ist. Wenn wir im DFB eine Bestimmung ändern beispielsweise im Transferrecht, dann muss das aber natürlich für alle unsere über 25000 Vereine und 80000 Mannschaften Gültigkeit finden. Nur so besteht Rechtssicherheit und Gleichheit für alle beteiligten Vereine und Sportler. Wenn Wilhelmshaven Recht bekommt, ist all das in Frage gestellt.“

Die Entscheidung des BGH stellt „all das“ nur bedingt in Frage. Der BGH hält den Abstiegsbeschluss des Norddeutschen Fußballverbands zwar für nichtig. Es fehle eine Regelung, die eine vereinsrechtliche Disziplinarstrafe möglich mache. In der Satzung des Norddeutschen Fußballverbands, der Mitglied des DFB und dieser wiederum Mitglied der FIFA ist, sei keine Grundlage für Disziplinarstrafen bei Nichtzahlung von Ausbildungsentschädigungen vorgesehen. „Ob sich aus den Satzungen des DFB oder der FIFA entsprechende Bestimmungen ergeben, ist ohne Belang. Maßgebend ist allein die Satzung des Beklagten. Denn der Kläger ist nur Mitglied des Beklagten, nicht auch des DFB oder gar der FIFA. Regeln eines übergeordneten Verbands – wie hier der FIFA – gelten grundsätzlich nur für dessen Mitglieder. Sie erstrecken sich nicht allein aufgrund der Mitgliedschaft eines nachgeordneten Vereins – hier des Beklagten – in dem übergeordneten Verband auf die Mitglieder des nachgeordneten Vereins – hier den Kläger. Damit ist der Beschluss über den Zwangsabstieg allein an der Satzung des Beklagten zu messen. Diese Satzung verweist hinsichtlich von Disziplinarmaßnahmen bei Nichtzahlung von Ausbildungsentschädigungen auch nicht auf die Bestimmungen in den Regelwerken des DFB oder der FIFA.“, heißt es in der Pressemitteilung. Der BGH deutet allerdings zugleich an, ein einfacher Verweis auf die entsprechenden DFB- und FIFA-Statuten hätte bereits ausreichen können.

Im Übrigen weist der Fall des SV Wilhelmshaven gewissen Parallelen zum Fall von Claudia Pechstein auf. Auch der SV Wilhelmshaven beschritt zunächst den Weg über die Sportverbands- und Sportschiedsgerichtsbarkeit bis hin zum CAS. Erst danach klagte er vor dem LG Bremen und legte Berufung zum OLG Bremen ein.

Es bleibt abzuwarten, wie die Sportwelt und insbesondere die FIFA auf die BGH-Entscheidung reagieren wird.

FIFA-Funktionär in die USA überstellt

Einer von sieben FIFA-Funktionären, die im Mai kurz vor dem FIFA-Jahreskongress durch Schweizer Bundesbehörden festgenommen wurden, wurde kürzlich an die USA ausgeliefert. Um wen es sich handelt, ist unklar. Medienberichten zufolge soll es der ehemalige FIFA-Vize- und CONCAF-Präsident Jeffrey Webb sein, der womöglich mit den US-Behörden kooperieren möchte. Die restlichen sechs Funktionäre sollen einer Auslieferung widersprochen haben und sich weiterhin in Zürich in Haft befinden.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Dopingvorwürfe gegen Mo-Farah-Trainer Alberto Salazar

Doping II

Alberto Salazar wird vorgeworfen, seinen Schützlingen zu Dopingkonsum geraten und verholfen zu haben. Der auf Kuba geborene US-Amerikaner soll unter anderem im Jahr 2002 den Olympia-Zweiten von London über 10 Kilometer Galen Rupp bewirtet haben. So berichtet BBC. Zu den Athleten, die Salazar betreut, gehört auch der Olympia-Sieger von London über 10 Kilometer Mohamed „Mo“ Farah. Seit der Zusammenarbeit mit Salazar hat Farah viele große Erfolge feiern können, mitunter Triumphe bei der WM 2013 über 10 und 5 Kilometer und bei der EM 2014 über 10 und 5 Kilometer. In London siegte er im Übrigen auch über die 5-Kilometer-Distanz.

Der britische Leichtathletik-Verband UKA ist zwar von der Unschuld Farahs überzeugt, will den Vorfall dennoch gründlich prüfen. Man werde eine „Gruppe von unabhängigen Experten bilden […], um das Leistungsmanagement und das Ausdauerprogramm von Mo Farah genauestens zu betrachten“. Der gebürtige Somalier bestreitet jegliche Verstrickung: „Ich habe keine verbotenen Substanzen genommen, und Alberto hat mir auch niemals vorgeschlagen, welche zu nehmen.“ Unterdessen sagte er seinen Start beim Diamond League Meeting in Birmingham ab: „Ich konnte mich nach dieser Woche nicht auf den Wettbewerb fokussieren. Ich fühle mich mental und körperlich ausgelaugt“, so der 32-jährige Brite.

Dennis Cukurov