Operation Aderlass – Jetzt wird es ernst

Gerade erst wurde in Innsbruck der ehemalige Radprofi Stefan Denifl zu einer Haftstrafe verurteilt. Die Richter verurteilten den 33 Jahre alten Radprofi wegen „schweren Sportbetruges“ zu einer zwei jährigen Haftstrafe. 16 Monate sind davon zur Bewährung ausgesetzt. 

Stefan Denifl soll zum Dopingring des Erfurter Arztes Mark S. zählen und einer von 23 Sportlern sein, die als Kunde des Arztes Blutdoping betrieben haben.

Mark Schmidt steht selbst gerade in München vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft fordert fünfeinhalb Jahre Haft.
Dem Erfurter Arzt werden unter anderem gewerbsmäßiger Betrug und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Letzten Freitag, den 08.01.2021, wurden die Schlussplädoyers gehalten und – morgen – am 15.01.2021 wird das Urteil erwartet.
Damit findet das wohl bisher größte und Aufsehen erregende Verfahren seit der Einführung des Anti-Doping-Gesetzes 2015 ein vorläufiges Ende.
In mehr als 20 Verhandlungstagen mit verschiedensten Wendungen kam ein organisiertes Doping-System ans Licht. Der Angeklagte Mark S. und seine Mitangeklagten Helfer hatten im Laufe des Prozesses Geständnisse abgelegt. 
Schon kurz vor Weihnachten gab das Gericht eine erste Prognose, dass sich die Gefängnisstrafe für den Haupttäter Mark S. auf viereinhalb bis fünfeinhalb Jahre belaufen würde.
Die Verteidigung sieht eine angemessene Strafe in einer Gefängnisstrafe von drei Jahren, von der ihr Mandant bereits mehr als zwei Drittel abgesessen hat. Die Verteidigung versuchte, ein Bild der Normalität des Dopings im Spitzensport darzustellen, bei dem Mark S. „stellvertretend seinen Kopf in die Schlinge“ halte. Ferner wurde durch die Anklage ein Berufsverbot von fünf Jahren gefordert. Dies sieht die Verteidigung als unverhältnismäßig an, da Mark S. immer gewissenhaft gearbeitet habe. Dagegen spricht jedoch vor allem, dass Mark S. in einem Fall, einer Athletin versehentlich ein Forschungspräparat verabreicht hatte. Die Anklage nannte diesen Versuch einen „Menschenversuch“, der nur durch Zufall nicht zu ernsteren Komplikationen geführt habe.

Letztlich bleibt abzuwarten, wie die Richter am Freitag urteilen werden. 

Severin Lask/ Steffen Lask 

 

Sprint-Weltmeister vor Olympia-Aus

Dem Sprint-Weltmeister über die 100 Meter, Christian Coleman, droht wegen eines verpassten Doping-Test eine Sperre. Der Doping-Test sollte am 9. Dezember letzten Jahres stattfinden. Auf Twitter verteidigte sich Coleman und stritt jegliche Vorwürfe ab. Er legte außerdem Beschwerde bei der Integritätskommission des Leichtathletik-Weltverbands ein. Coleman behauptet, dass er an diesem Tag Weihnachtsgeschenke einkaufen war und sich zu dem Zeitpunkt als die Doping-Kontrolleure bei ihm zu Hause ankamen, nur fünf Minuten entfernt, zum Shoppen befand. Die Kontrolleure hätten nicht versucht, ihn telefonisch oder sonst irgendwie zu erreichen, so seine Verteidigung.

Das ist jedoch – wohlgemerkt – nicht ihre Pflicht. Die Sportler müssen im Voraus einen Zeitraum angeben, in welchem sie für Dopingtest zur Verfügung stehen, damit unangekündigten Dopingkontrollen ihre Wirkung erzielen. Bei Coleman war es nicht der erste Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen.

Er verpasste im Januar 2019 bereits einen Doping-Test und außerdem beging er im April des selben Jahres einen Meldepflichtverstoß. Nach drei solcher Verstöße innerhalb eines Jahres droht dem Athleten eine Sperre zwischen einem und zwei Jahren. Schon im September 2019 kam es zu einem Verfahren, welches Coleman für sich entscheiden konnte. Es ging um einen Formfehler auf Grund dessen, er damals nicht gesperrt wurde.

Das erneute Verpassen des Doping-Tests wirft Fragen auf. Die Anhörung findet im September statt, bis dahin ist unklar, ob der Top-Favorit auf Olympia-Gold über 100 Meter an den Start gehen kann.

Severin Lask / Steffen Lask 

Der Fall des Felix Sturm – vom Boxstar zur Gefängnisstrafe

Felix Sturm wurde am Freitag, den 30.04.2020, zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Das Landgericht in Köln sprach den 41-Jährigen wegen versuchter und vollendeter Steuerhinterziehung, wegen Verstößen gegen das Anti-Doping-Gesetz und wegen Körperverletzung schuldig.

Ursprünglich war Felix Sturm vorgeworfen worden, dass er zwischen 2008 und 2015 Steuern in Höhe von 5,8 Millionen Euro am Fiskus vorbeigeschleust habe. Während des Prozesses schrumpfte der ihm vorgeworfene Betrag auf 1 Million Euro. Außerdem beschränkten sich die Vorwürfe auf die Jahre 2008 bis 2010 und das Jahr 2013. Die weitergehenden Vorwürfe andere Festsetzungszeiträume betreffend wurden vom Gericht eingestellt. 

Aus sportrechtlicher Sicht durchaus bemerkenswerter ist die Verurteilung nach den Vorschriften des Anti-Doping-Gesetzes. Denn Felix Sturm ist durch diese Verurteilung der erste Spitzensportler, der wegen eines Verstoßes gegen das Anti-Doping-Gesetz ins Gefängnis muss. Dieses Urteil könnte der Beginn einer durchaus härteren Rechtssprechung gegenüber Dopern sein. Sturm hatte zwar während des Verfahrens immer wieder betont, nicht vorsätzlich das verbotene Mittel Stanozolol zu sich genommen zu haben. Der Richter schenkte diesen Bekundungen keinen Glauben, da Felix Sturm behauptete, dass die Substanz durch starken Fleischkonsum in seinen Blutkreislauf gekommen sei. Diese Verteidigungsstrategie ist durchaus bekannt und war bislang teilweise auch schon erfolgreich, aber in diesem Fall hätte sich die Verteidigung besser informieren sollen, da Stanozolol nicht in der Tierhaltung von Rindern, Schweinen oder Hühnern eingesetzt wird. 

Sturm wurde ferner wegen einer vorsätzlichen Körperverletzung verurteilt. Das Gericht nahm nämlich an, dass durch sein Dopingvergehen keine rechtfertigende Einwilligung des Kontrahenten Fjodor Tschudinov in die wechselseitigen Körperverletzungen vorlag und Sturm somit den Tatbestand der Körperverletzung, § 223 StGB rechtswidrig und schuldhaft erfüllt hatte.

In seiner Urteilsbegründung machte der Richter auf die Schwierigkeiten, die der Boxsport mit dem Doping habe, aufmerksam. Denn nicht nur der Umgang des BDB (Bund Deutscher Berufsboxer) mit Dopern ist ungewöhnlich, sondern auch die verschiedenen Weltverbände des Boxens haben keine einheitlichen Regularien, die Dopingkontrollen betreffen. Dies ist ein Grund warum die NADA (Nationale Anti Doping Agentur) keine Dopingproben mehr vom BDB entgegennimmt. Dazu kommt, dass der BDB nie den WADA-Code zur Dopingbekämpfung unterzeichnet hat. Erstaunlich in diesem Zusammenhang ist, dass Felix Sturm trotz positiver A- und B-Probe nie vom Verband sportrechtlich gesperrt wurde. Der Verband begründete dies eher fadenscheinig mit einem Nicht-Kämpfen-Können aufgrund einer Verletzung von Felix Sturm nach dem besagten Fight. Thomas Pütz, der Präsident des Verbands, zeigte sich über die Verurteilung von Felix Sturm „schockiert“.  

Die NADA dagegen begrüßte das Urteil. Es sei wegweisend und diene als Abschreckung. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig und kann binnen einer Woche ab Verkündung mit der Revision zum Bundesgerichtshof angegriffen werden. Man wird sehen, ob das umstrittene Anti-Doping-Gesetz fünf Jahre nach seiner Einführung nach und nach in den Gerichtsalltag Einzug halten wird.

Severin Lask / Steffen Lask 

Dopingsünder als „Gewinner“ der Corona-Krise

Sämtliche Sportwettkämpfe sind derzeit abgesagt, der komplette Wettkampfbetrieb ruht, so wie nahezu jegliches gesellschaftliches Miteinander. Einigen „Sportler“ dürfte dieser Stillstand entgegenkommen.

Die Dopingsünder.

Die Olympischen Spiele in Japan wurden auf 2021 verschoben. Das bedeutet, dass viele der gesperrten Dopingsünder, die in diesem Jahr die Spiele verpasste hätten, im nächsten Jahr wieder startberechtigt sind. Eine „klassische“ Dopingsperre von vier Jahren ist an den Olympischen Zyklus angepasst, solche Ausnahmen wie in diesem Jahr wurden dabei nicht berücksichtigt.

So gibt es prominente Fälle in der Leichtathletik, die bis in den Frühling oder Sommer diesen Jahres gesperrt sind und dadurch nicht an den Olympischen Spielen hätten teilnehmen können oder auf jeden Fall nicht an den Qualifikationswettkämpfen für dieselben. Durch die insgesamt vernünftige Verlegung der Spiele, in den Sommer 2021, wird diese „Sportlern“ die Möglichkeit eröffnet, wie alle anderen auch an den Qualifikationswettkämpfen teilzunehmen. Dies scheint, ungerecht zu sein.

Daher werden die Rufe nach einer anderen Regelung laut. Die Dopingsperre solle an die Wettkämpfe und die Trainingsmöglichkeiten gekoppelt werden. Dadurch, dass im Moment keine Wettkämpfe stattfinden und auch die Trainingsmöglichkeiten für die Sportler alles andere als normal sind, solle die Dopingsperre für diese Zeit „ruhen“. Denn die Sperre sei als Bestrafung gedacht und durch die Verschiebung der Olympischen Spiele, greife diese Strafe nicht so, wie gedacht. 

Doch eine solche – an Wettkämpfe gekoppelte Dopingsperre – entbehrt jeglicher rechtlicher Grundlage. So hatte schon 2007 das IOC, mit Hilfe der Osaka-Regel versucht, Dopingsünder, die mit einer längeren Dopingsperre als sechs Monate belegt wurden, von zukünftigen Olympischen Spielen auszuschließen. Das CAS kippte diese Regelung jedoch, sodass es auch heute schwer vorstellbar ist, eine solche Regelung rechtlich legitimiert durchzusetzen.

Es scheint so einfach zu sein, die Regelung gerecht zu machen. Doch Recht schafft es nicht immer gerecht zu sein, gerade in solch schwierigen Zeiten. 

Severin Lask / Steffen Lask 

Sun Yang für acht Jahre gesperrt

Der seit langer Zeit in der Kritik stehende Schwimm-Olympiasieger Sun Yang wurde vom Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne (CAS) für acht Jahre gesperrt, weil er eine Dopingprobe mit einem Hammer zerstören ließ.

Der ganze Vorfall spielte sich in der Nacht vom 4. auf den 5. September 2018 ab. Am Abend des 4. September 2018 sollte eine Dopingkontrolle auf dem Anwesen von Sun Yang in China stattfinden. Sun Yang gab wie gewöhnlich zunächst eine Blutprobe ab. Erst als sein langjähriger Arzt Ba Zhen – der nach Medienberichten bereits in der Vergangenheit wegen Dopingverstößen gesperrt war – hinzugerufen wurde, eskalierte die Situation. Plötzlich wurde von Sun Yang´s Seite behauptet, dass die Krankenschwester des Kontrollteams vom schwedischen Anti-Doping-Dienstleister IDTM über keine ausreichende Qualifikation/Akkreditierung  zur Blutentnahme von Dopingproben verfüge. Die Dopingprobe sei – so die Forderung von Sun Yang – zu vernichten. Das Kontrollteam verweigerte die Vernichtung. Daraufhin ließ Sun Yang´s Mutter durch einen Sicherheitsmann einen Hammer holen, mit dem dieser die Dopingprobe zerschlug. 

Diesen Sachverhalt bewertete die FINA weder als strafbare Verweigerung einer Dopingkontrolle noch als Versäumnis und beließ es bei einer Verwarnung gegen Sun. Die WADA nahm eine andere Bewertung vor und brachte den Fall vor den Internationalen Sportgerichtshof. 

Dieser entschied heute, dass Sun Yang für acht Jahre gesperrt werde. Die umstrittenen Goldmedaillen der Schwimm-WM 2019 darf er behalten, unter anderem, weil die FINA ihn nicht vorläufig suspendiert hatte und die Dopingproben kur vor und unmittelbar nach jener Nacht jeweils negativ ausgefallen seien. Die lange Sperre ist darauf zurückzuführen, dass Sun Yang bereits als Wiederholungstäter gilt, der bereits eine drei monatige Sperre wegen eines Dopingverstoßes „absitzen“ musste.

Sun Yang hat angekündigt, Einspruch gegen das Urteil des CAS einzulegen und vor das Schweizer Bundesgericht zu ziehen.

In der Schwimm-Welt dürfte das Urteil begrüßt werden, da bereits seine Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2019 in Gwangju bei vielen Sportlern Proteste hervorgerufen hatte.

 

Severin Lask / Steffen Lask