Neues im Fall Kraus

Zuletzt sprach die Anti-Doping-Kommission des DHB „Mimi“ Kraus vom behaupteten Anti-Doping-Regelverstoß frei. Der Handballnationalspieler soll drei sog. Kontroll- und Meldeverstöße begangen haben, welche in der Regel nach den gültigen Anti-Doping-Statuten zur Dopingsperre führen. Das urteilsprechende Gremium hatte jedenfalls an einem der vorgeworfenen Fehltritte Zweifel, da für den Ausfall jener Kotrolle der Grund eine defekte Haustürklingel gewesen sei. Die NADA wiederum bezweifelte letzteres und legte entsprechende Rechtsmittel ein.

Nach einiger Zeit des medialen Stillstands in der Sache hat sich die nächste „Instanz“ gebildet. Ein ad-hoc-Schiedsgericht unter Vorsitz von Ullrich Haas, Züricher Jura-Professor und CAS-Schiedsrichter, soll die Streitigkeit entschieden werden. Ein solches Gericht ist nicht staatlich, sondern rein privat konstituiert. Es obliegt den Beteiligten, die Richter zu bestimmen. Ein entsprechender Schiedsspruch hat indes die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils. Wann verhandelt wird, steht noch nicht fest. Bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die Angelegenheit noch entwickelt. Zu wünschen ist – sowohl für Kraus, als auch für die NADA – eine alsbaldige Klärung der Umstände.

Hintergrund im Fall Kraus: 1, 2, 3, 4.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Warum Klitschko keinen Trainingskontrollen unterliegt

Bankdrücken

Wladimir Klitschko, amtierender Schwergewichtschampion im Boxen, ist seit einer gefühlten Ewigkeit ungeschlagen. Das scheint, in Anbetracht seiner letzten Kämpfe vorerst auch so zu bleiben. Klitschkos Überlegenheit ist nicht abzusprechen. Bemerkenswert erscheint hingegen, dass eben jener keinen Dopingkontrollen außerhalb des Wettkampfs unterliegt. Anders als viele andere vermarktet sich der Ukrainer selbst und ist dem NADA-Testpool nicht zugehörig, sodass er nicht einmal den Melde- und Kotrollpflichten, die zuletzt Philipp Collin und ‚Mimi‘ Kraus zum Verhängnis wurden, unterliegt.

Seine Mitgliedschaft im Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) ändert nichts daran. Dieser sieht Dopingkontrollen nur im Rahmen von Wettkämpfen vor. So heißt es in Art. 7 Abs. 1 der Dopingbestimmungen des BDB: „Der BDB e.V. regelt gem. der Doping-Ordnung die Durchführung der Dopingkontrollen innerhalb und außerhalb der Wettkämpfe, wobei hinsichtlich der Wettkämpfe insbesondere Deutsche Meisterschaften sowie nationale und internationale Veranstaltungen einbezogen sein sollen.“ Gem. Art. 12 „werden bei nationalen und internationalen Titelkämpfen beide Boxer/innen kontrolliert.“ Klingt nach einem eingeengten Spielraum.

Aber auch die Weltverbände WBO, WBA, IBF, IBO bedienen sich lediglich eingeschränkter Wettkampftests. Trainingskontrollen bleiben aus. Zudem haben sich die Weltboxverbände bisher nicht dem WADA-Code unterworfen. „Bisher hatten wir den Schritt nicht gewagt, weil wir Angst hatten, es würde die Zahl unserer Kämpfe verringern“, wird die Juristin der IBF im letzten Jahr in der Berliner Zeitung zitiert. Das ADAMS-System nutzt bis heute weder die IBF noch ein anderer Boxweltverband.

Bleibt abzuwarten, wie sich diese Missstände in Zukunft entwickeln werden. Von fairem Sport kann aber kaum die Rede sein, solange einige Boxer WADA-konform unter Aufsicht stehen und andere praktisch nur am Wettkampftag Dopingtests unterliegen.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

DHB berät über Kraus-Sperre

Das Anti-Doping-Gremium des Deutschen Handballbunds (DHB) fand sich kürzlich zusammen, um nicht-öffentlich über eine etwaige Sperre des vorläufig suspendierten Michael Kraus zu verhandeln. Kraus wurde angehört, seine Freundin als Zeugin vernommen. Ein Urteil über das Strafmaß und die Zukunft des ehemaligen Handballweltmeisters ist allerdings noch nicht gefallen. „Wir haben im Zuge der Beweisaufnahme sowohl Michael Kraus zur Sache als auch weitere Zeugen gehört“, so Anja Matthies, DHB-Vizepräsidentin Recht. Sachverhalt, Stellungnahmen und weitere Informationen müssten nun in einer weiteren Sitzung ausgewertet werden.

Nachdem Kraus binnen 18 Monaten 3 Meldepflicht- und Kontrollversäumnisse begangen haben soll, droht ihm eine Sperrfrist von bis zu 2 Jahren. Weder der Code der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) noch der Code der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) geben konkrete Sanktionen für das dem 30-jährigen Rückraumspieler vorgeworfene Fehlverhalten vor. Die Entscheidungsgewalt liegt vorläufig in den Händen des verbandsinternen Disziplinarausschusses. Etwaige Sanktionsmaßnahmen dürften davon abhängen, ob die besagten 3 Verstöße tatsächlich als Verstöße eingestuft werden. Sollte nur ein Verstoß nicht als Übertretung der geltenden Regularien gewertet werden, könnte der ehemalige Weltmeister ungeschoren davonkommen.

Kraus verpasste inzwischen bereits den Großteil der Saisonvorbereitung. Neben der kommenden Bundesliga-Spielzeit für seinen Verein Frisch Auf Göppingen steht für den 118-maligen Nationalspieler die Handball-Weltmeisterschaft vom 11. bis 27. Januar 2015 in Katar auf dem Spiel.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Geht die Dopingjagd zu weit?

Doping II

Am Fall Kraus zeichnet sich derzeit ein Exempel, welches die Dopingkontrollmaßnahmen der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) beleuchtet. Nicht die Verwendung unerlaubter Substanzen, sondern Meldepflicht- und Kontrollversäumnisse wurden dem Handballprofi zum Verhängnis und führten zu einer vorläufigen Suspendierung. Athleten haben fortwährend Angaben über Aufenthaltsort und Erreichbarkeit in das Anti-Doping Administrations und Management System (ADAMS) einzutragen. Dadurch sollen etwaige Dopingvergehen außerhalb von Wettkämpfen verhindert werden. Ein Blick auf die Details des Meldesystems macht deutlich, dass umfassende Informationen eingeholt werden. So sollen betroffene Sportler mitunter den Erstwohnsitz und gewöhnlichen Aufenthaltsort, die E-Mail-Adresse, Festnetz- und Mobilfunknummer, Ort und Zeit des Trainings und der Trainingslager übermitteln. Regelmäßige Tätigkeiten unterliegen einer Quartalsmeldung.

Diese Pflichten, denen die Athleten gerecht werden müssen, lassen die Frage aufkommen, ob die Maßnahmen der NADA notwendig oder ungerechtfertigt sind. Geht die NADA zu weit oder sind solch strenge Vorgaben unumgänglich, um einen dopingfreien Sport gewährleisten zu können?

Jedenfalls stößt das Anti-Doping-Programm auf Kritik, nicht nur bei Athleten, die sich in ihren Grundrechten verletzt sehen. Tatsächlich erscheint ein Grundrechtseingriff nicht abwegig. Entscheidend ist die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen.

Die NADA weicht der Kritik unter Verweis auf die gültigen Regeln der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) aus. „Ein effektives und qualitativ auf hohem Niveau stehendes Kontrollsystem braucht unangekündigte, unberechenbare Kontrollen“, so die Stellungnahme: „Sie sind auch für die Athleten die einzige Chance, um dem oft geäußerten Generalverdacht zu begegnen und nachzuweisen, dass sie sauber ihren Sport betreiben.“

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Zweifelhaftes FIFA-Dopingkontrollsystem II (Forts.)

Bereits im Vorfeld der Weltmeisterschaft in Brasilien wurde viel diskutiert, ob und wie effektiv Dopingkontrollen bewältigt werden könnten. Zum ersten Mal in der Geschichte stand im Austragungsort kein Anti-Doping-Labor zur Verfügung. Stattdessen sollte ein Anti-Doping-Labor in Lausanne, Schweiz die Aufgabe übernehmen. Vor den Halbfinals präsentierte der Weltfußballverband (FIFA) nun ihre Analyseergebnisse: 777 Tests, davon 232 während der Endrunde, kein einziger Dopingfall. Sollte bis zum Finale zudem keiner hinzukommen, dürfte sich die FIFA über die fünfte dopingfreie WM freuen.

Ob die Zahlen allerdings die Realität widerspiegeln, dürfte zumindest unter 3 Gesichtspunkten fraglich bleiben. Kritisch ist zum einen, dass die FIFA wohl jede Mitwirkung der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) ablehnt. „Es gibt kein unabhängiges Beobachterprogramm, das ist das Entscheidende. Wenn sie alles in Eigenregie machen und keine externe Kontrolle zulassen, ist das alles hinfällig“, sagte Sörgel, Pharmakologe und Dopingexperte gegenüber Medienvertretern. Zum anderen sollen zwar alle Proben innerhalb von 60 Stunden analysiert worden sein. Transportbeschädigungen, Verzögerungen oder Verluste auf der gut 9000 km langen Luftstrecke jedoch sind zumindest denkbar. Auf Nachfrage wurde darüber hinaus eingeräumt, dass keinerlei unangekündige Trainingskontrollen stattgefunden hätten. Sörgel: „Natürlich funktioniert Doping auch zwischen den Spieltagen. EPO in Niedrigdosierung oder geschickt gemischt, ist nur ein paar Stunden nachweisbar und damit ein gewaltiges, ungelöstes Problem.“

Letztlich: Ist das Dopingkotrollsystem der FIFA lediglich ein Alibiprogramm? Angesichts der Bestechungs- und Verschleierungsdebatten, die in den letzten Tagen und Wochen verlautbart wurden, sei diese polemische Frage gestattet.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask