Sportrechtsblog

Gegen Felix Sturm erneut Ermittlungen der Staatsanwaltschaft

Thema: Sportrecht, 19.12.2023

Offenbar wird gegen den Profiboxer Felix Sturm, der mit bürgerlichem Namen Adnan Catic´ heißt, erneut strafrechtlich wegen eines möglichen Dopingvergehens ermittelt. Die NADA hat eine Strafanzeige gegen den Boxer bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Düsseldorf erstattet, so führende Sportmedien. Eine Bestätigung gäbe es insoweit vom NADA-Vorstandsvorsitzenden Dr. Lars Mortsiefer, wie der Sportinformationsdienst berichtet.

Sturm ist nicht das erste Mal wegen eines strafrechtlich relevanten Verstoßes gegen Anti-Doping-Bestimmungen im Visier der Ermittler. Er war 2016 nach einem WM-Kampf gegen den Russen Fjodor Tschudinow auf das anabole Steroid Stanozolol positiv getestet worden und wurde deshalb, darüber hinaus wegen Steuerhinterziehung, zu einer Haftstrafe verurteilt .

Nunmehr soll F. Sturm auf einem Foto eines Physiotherapeuten/Heilpraktikers zu sehen sein, welches in den sozialen Medien kursierte, auf welchem er eine Infusion erhält. Nach Angaben der ARD-Dopingredaktion habe der Heilpraktiker die Infusion von 250 ml Kochsalzlösung und Vitamin C bei F. Sturm bestätigt.

Infusionen von mehr als 100 ml, in einem Zeitraum von bis zu 12 Stunden verabreicht, sind im Leistungssport verboten, wenn sie nicht medizinisch indiziert sind. Dieses Verbot ergibt sich aus dem WADA-Code und seinen sog. Verbotslisten, die wiederum zu den Grundlagen des deutschen Anti-Doping-Gesetzes gehören.

Strafrechtlich wird sich das Ermittlungsverfahren – aus unserer Sicht – sowohl gegen Sturm als auch gegen den Therapeuten zu richten haben. Die strafrechtlichen Vorwürfe haben ihre rechtliche Grundlage im Anti-Doping-Gesetz.

Dem steht im Übrigen nicht entgegen, dass gegen den Boxer ein sportrechtliches Verfahren nicht angestrengt wird. Der Grund dafür: der Bund Deutscher Berufsboxer ist nicht dem WADA-Code unterworfen.

Sturm hatte zuletzt, Anfang Dezember, einen Sieg – technisches K.o. – gegen Sükrü Altay errungen.

 

Steffen Lask / Severin Lask

 

Dopingfall Vicky Schlittig: Ein weiterer Bericht der ARD

Thema: Sportrecht, 19.10.2023

Der Bericht im Mittagsmagazin vom 17.10.2023 zeigt zu recht erneut die schreienden Unzulänglichkeiten des Anti-Doping-Systems im Fall Vicky Schlittig auf, die wir hier als – ungerecht – bezeichnen.

Hervorzuheben sind hier die Aussagen von Travis Tygart von der USADA (Anti-Doping-Agentur der USA), eine weitere namhafte Stimme, die sich zu diesem Sachverhalt öffentlich äußert. Tygart mahnt, dass die Regeln und Maßnahmen besser gestaltet werden müssten, damit das Leben unschuldiger Athleten nicht zerstört werde. Zudem macht er deutlich, dass in diesem konkreten Fall alle wissenschaftlichen Erkenntnisse für eine Aufnahme der leistungssteigernden Substanz durch die Haut sprechen, jedoch ohne jegliche leistungssteigernde Wirkung. Er würde dem Freispruch des Einzelrichters vertrauen und das Verfahren hier nicht weiter zu Lasten der Athletin in die Länge ziehen. Er sei der Meinung, dass das Anti-Doping-System hier nicht fair mit der Athletin Vicky Schlittig umgehe.

Solche Worte von einem der bekanntesten und strengsten Dopingjäger zu hören, wird Vicky Schlittig nicht zu ihrem Recht vor dem Internationalen Sportgerichtshof verhelfen, aber diese Aussagen verdeutlichen die Ungerechtigkeit, die Vicky Schlittig hier erfährt.

Hinzukommt, dass die Berufungsführer – hier die ITA und die WADA – ohne triftige Gründe vorzutragen – auf Zeit spielen. Der Sachverhalt ist klar. Die Beweise sind vorgebracht von den Parteien. Und dennoch wird ohne erkennbaren Anlass, um langfristige Fristverlängerungen durch die ITA und die WADA gebeten, die trotz Widerspruch durch uns, als Prozessbevollmächtigte von Vicky Schlittig, durch das CAS gewährt werden. Das stellt sich aus unserer Sicht als ein eklatanter Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot dar.

 

Severin Lask / Steffen Lask

BayObLG hebt Urteil im Boateng-Prozess auf

Thema: Fußball, Sportrecht, Strafrecht & Sport, 22.09.2023

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat in der Revision das Urteil des Landgerichts München I aufgehoben und das Verfahren dorthin zurückverwiesen.

Das BayObLG gab damit sowohl den Revisionen Boatengs als auch denen, der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage statt. Diese drei Prozessbeteiligten hatten jeweils Revision eingelegt.

Das Landgericht München I hatte Boateng in der Berufungsinstanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10.000 Euro – insgesamt 1,2 Millionen Euro – verurteilt. 

Boateng und sein Anwalt zeigten sich zufrieden mit der Aufhebung des Urteils. Das damalige Verfahren sei „unfair“ gewesen und „Boateng war schon endgültig verurteilt, bevor das Berufungsverfahren überhaupt begonnen hatte“, sagte Boatengs Anwalt Leonard Walischewski. Einer seiner Revisionsgründe sei gewesen, dass der Richter selbst über einen Befangenheitsantrag gegen sich selbst mitentschieden habe.

Zufrieden zeigte sich auch die Nebenklagevertreterin, die die Ex-Freundin, das mutmaßlichen Opfer vertritt. Denn auch dieser Revision gab das BayObLG statt. Das Landgericht habe „widersprüchliche Aussagen nicht gegeneinander abgewogen“, erklärte der Gerichtssprecher.

Die Nebenklage hofft weiterhin auf eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung, weil Boateng eine Kühltasche und ein Windlicht in Richtung seiner Ex-Freundin geworfen haben soll.

Auch die Staatsanwaltschaft fordert eine höhere Strafe für Boateng. 

Ein neuer Verhandlungstermin ist noch nicht angesetzt. Wir werden berichten.

 

Severin Lask / Steffen Lask

Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungsverfahren gegen Mario Vuskovic – nicht – ein

Thema: Sportrecht, 09.08.2023

Update: 10.08.2023

Auf Anfrage des „Hamburger Abendblatt“ gab Oberstaatsanwalt Gerald Janson bekannt, dass das Ermittlungsverfahren gegen Mario Vuskovic nicht, wie gestern in verschiedenen Medien zu lesen war, eingestellt wurde. Ihm wurden lediglich seine beschlagnahmten Elektronikgeräte, wie Handy und Laptop zurückgegeben. Ob die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt oder nicht, bleibt abzuwarten.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat nach Informationen des NDR die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Verteidiger des Hamburger SV, Mario Vuskovic, wegen eines Dopingvergehens eingestellt.

Vuskovic war 2022 bei einer Trainingskontrolle positiv auf Erythropoetin (EPO) getestet und vorläufig gesperrt worden. Im März 2023 sperrte ihn der DFB in einem sportgerichtlichen Verfahren für zwei Jahre.
Gegen dieses Urteil des DFB-Sportgerichts haben sowohl die NADA als auch der Spieler Einspruch eingelegt.
Das sportrechtliche Verfahren ist nun beim Internationalen Sportgerichtshof CAS anhängig. Eine mündliche Verhandlung wird allerdings erst im Dezember erwartet.

Das strafrechtliche und das sportrechtliche Verfahren sind voneinander getrennt. Die Beweislastregeln sind unterschiedlich.
Im deutschen Strafrecht muss die Schuld eines Verdächtigen nachgewiesen werden.
Im Sportrecht hingegen muss ein Athlet, der eine positive Dopingprobe abgegeben hat, beweisen, dass der positive Dopingbefund ohne sein Verschulden zustande gekommen ist.
Denn mit einem positiven Dopingtest hat die jeweilige Sportorganisation grundsätzlich bewiesen, dass ein Anti-Doping-Verstoß vorliegt.
Die Hürde für den Athleten, das Gegenteil zu beweisen, ist in der Regel sehr hoch.

Wie in unserem Fall von Vicky Schlittig liegt es an der Verteidigung, Unstimmigkeiten im Verfahren, in den Laborergebnissen oder in der Probenentnahme zu finden.
Im Fall von Mario Vuskovic scheinen sich die Experten der jeweiligen Seiten, nicht einig zu sein, ob es sich bei dem vorliegenden Testergebnis um einen regulären positiven Dopingtest handelt.
Offenbar lässt das Nachweisverfahren des EPO Interpretationsspielraum zu.

Es bleibt abzuwarten, wie die Anhörung vor dem CAS im Dezember verläuft und ob es Vuskovic und seiner Verteidigung gelingt, berechtigte Zweifel an der Aussagekraft des Testergebnisses zu streuen.

 

Severin Lask / Steffen Lask

Keine Sperre für Gewichtheberin Vicky Schlittig – ein vorläufiger Erfolg

Thema: Doping, Sportrecht, Strafrecht & Sport, 08.08.2023

Am 02.08.2023 erhielten wir das lang erwartete Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS) im Dopingverfahren gegen die Gewichtheberin, Vicky Schlittig, in dem die Internationale Gewichtheber Föderation (IWF), vertreten durch die International Testing Agency (ITA) eine vierjährige Sperrfrist anstrebt.

Der Schiedsspruch fiel zugunsten unserer Mandantin aus. Keine (weitere) Sperre für Frau Schlittig! Der Richter – es handelt sich um eine Einzelrichterentscheidung – ist unserer Argumentation gefolgt und sieht im vorliegenden Fall weder eine Schuld noch Fahrlässigkeit bei Frau Schlittig. Mit anderen Worten: Sie hat den positiven Dopingbefund nicht schuldhaft/nicht fahrlässig verursacht. 

Im Schiedsspruch des CAS heißt es u.a. wörtlich:

Ms. Vicky Annett Schlittig has established in accordance with Article 10.5 of the IWF ADR that she bore No Fault or Negligence for the anti-doping rule violation. No period of Ineligibility is imposed.“

Bereits in der Sachverhaltsdarstellung weist der Richter auf Versäumnisse in der Verfahrensführung durch die ITA hin. Das Gericht macht deutlich, dass die ITA es phasenweise versäumt habe, das Verfahren ordnungsgemäß zu führen. Auf eine falsche Namensbezeichnung in den Dopingprotokollen, die von der ITA gefertigt wurden, im Fall-Schlittig, hatten wir hingewiesen. In den Protokollen war von einem männlichen Athleten die Rede. Die ITA konnte bis heute keine schlüssige Erklärung liefern, wie es zu diesem falschen Namen gekommen ist. Zudem verursachte dieser Fehler erhebliche Kosten für Frau Schlittig, die eine DNA-Analyse auf eigene Kosten beantragen musste.

Das greift das CAS auf.

Der Richter erkennt an, dass unsere verschiedenen Erklärungsansätze für den positiven Dopingtest maßgeblich durch die mangelhafte Prozessführung der ITA verursacht wurden, da uns die ITA keine, für unsere Verteidigung, ausreichenden Informationen zur Verfügung gestellt hatte. So hat uns die ITA beispielsweise vier Monate lang wichtige Informationen vorenthalten, die durch das akkreditierten Dopinglabor in Köln ermittelt wurden.

Wir haben uns in unseren Ausführungen immer an den wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert, so die zutreffende Entscheidung des Gerichts.
Unsere Argumentation war letztendlich überzeugend.

Der Richter hat sich durch die (teilweise) übereinstimmenden Gutachten Sachverständigen Dr. de Boer, beauftragt durch uns als Verteidiger und des Sachverständigen der ITA Prof. Saugy, die Meinung gebildet, dass eine transdermale Übertragung/Einnahme wenige Stunden bis wenige Tage vor dem Tag der Kontrolle stattgefunden habe. Er betont nochmals, dass beide Experten zu dem Schluss gekommen seien, dass eine einmalige Anwendung von DHCMT keine sportlich relevante Leistungssteigerung zur Folge habe.

Die Aussagen von Frau Schlittig zum Ablauf der Tage vor dem Wettkampf waren ebenso maßgeblich. Ihre Erklärungen über den Ablauf der Anreise, die Unterbringung im Hotel, die Trainingseinheiten vor Ort und das Prozedere der Dopingkontrolle waren für den Richter überzeugend.

Abschließend fasste der Richter noch einmal zusammen:

Der Fall unterscheidet sich maßgeblich von anderen Sachverhaltskonstellationen durch das Fehlen von Metaboliten. Das CAS stimmt unserer rechtlichen Einschätzung insoweit zu, dass aufgrund des vorherigen – unmittelbar vor der hier streitgegenständlichen Kontrolle – und des nachfolgenden negativen Tests, der geringen Menge der verbotenen Substanz DHCMT sowie aufgrund der Aussagen von Frau Schlittig und der weiteren Beweise über die zahlreichen Kontakte, die in den Tagen und Stunden vor dem positiven Test stattgefunden haben, es wahrscheinlich sei, dass Frau Schlittig einer unbeabsichtigten,  transdermalen Übertragung von DHCMT ausgesetzt gewesen sei, und dass daher keine Schuld oder Fahrlässigkeit bei ihr vorläge.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die ITA kann innerhalb von 21 Tagen Rechtsmittel einlegen. Daher wird die Freude über das sehr positive Urteil noch etwas getrübt.

Es heißt weiter: Daumen drücken!

Severin Lask / Steffen Lask